Eine jahrtausendealte Kultur
Im 12. Jahrhundert v. Chr. („Neues Reich“) kannte man bereits über 30 verschiedene Brot- und Kuchensorten. Weißbrote und Gebäck aus fein gesiebtem Mehl wurden den gesellschaftlich höheren Rängen serviert, wohingegen sich das einfache Volk mit dunklem, grobem Brot zufriedengeben musste. Als sich 1600 v. Chr. die ersten (Hof-)Bäckereien bildeten und wohlhabende Ägypter für die Durchreise in andere Städte Tausende von Broten und Kuchen bestellten, blühte das Bäckerwesen regelrecht auf. Der oberste Hofbäcker galt zu dieser Zeit als ein sehr wichtiger und einflussreicher Beamter. Zur Kundschaft zählten ausschließlich Fürsten des Reiches und oberste Beamte. Ganze Lagerhallen wurden zu Brotmanufakturen umfunktioniert, um den Bestellungen der Mächtigen gerecht zu werden. Einer alten Nachricht nach habe einst der Pharao bei seiner Durchreise mit dem königlichen Hofstaat über 29.000 Brote und über 2.000 Kuchen bestellt, die Arbeit ging den Hofbäckereien also so schnell nicht aus.
Nicht nur verzehrt wurden die köstlichen Gebäcke der Mächtigen, sondern auch großzügig geopfert. So war es üblich, dass zu Zeiten des alten Ägyptens auch den Göttern feinste Backwaren zustanden. Der ägyptische König Ramses II. beispielsweise überschüttete die Tempel der Götter förmlich. Mehr als 200.000 Brote und 9.000 Kuchen standen hier jährlich auf der Bestellliste der Bäckereien. Wer Macht und Reichtum zeigen wollte, bedachte also auch die Götter spendabel mit feinem Gebäck.
Nicht nur die alten Ägypter waren absolute Brotliebhaber, sondern auch die Griechen. Dort wetteiferte das Volk um die Herstellung des besten Brotes. Der meistgelobte Laib gelang damals einem Bäcker aus Athen und erhielt anschließend den Titel „Zauberkunst“. Anders als im neuen Reich, backte man dort aber zunächst in den eigenen vier Wänden. Die Berufsbäckereien bildeten sich erst später. Denn Weizengebäck reichte man dort zu seinen Speisen lange Zeit nur an Feiertagen. Erst als es üblich wurde, Weizenbrot auch im Alltag zu verzehren, wurden die ersten berufsmäßigen Bäckereien eröffnet. Anfangs war das Angebot noch sehr einfach und bäuerlich. Nachdem im 2. Jahrhundert die ersten griechischen Bäcker nach Rom gelangt waren und sich von der zunehmenden Vormachtstellung der Stadt und der feinen Brotkunst inspirieren ließen, erweiterte sich schließlich auch das Angebot in Griechenland. Das Brotessen etablierte sich so also immer mehr im Alltag und wurde in gehobenen Kreisen üblich. In besonders gut situierten Haushalten gab es sogar eigene Sklaven, die sich ausschließlich um das Backen von Brot kümmerten.
Das gewerbsmäßige Bäckereiwesen in Rom gründete sich 170 v. Chr., als sich dort zunehmend mehr Menschen niederließen und sich eine arbeitsteilige Wirtschaft und Gesellschaft bildete, die auch entsprechend hohe Ansprüche hatte. Unter der Herrschaft von Augustus, also um die Zeitenwende, soll bereits ein erster Zusammenschluss der Weißbäcker zu einer Korporation stattgefunden haben. Unter Kaiser Trajan (53-117 n. Chr.) entstand eine weitere „Zunft“ der Schwarzbrotbäcker, welche immerhin bereits 100 Mitglieder zählte. Allem Anschein nach war das Bäckergewerbe straff organisiert. Alle Mitglieder wurden in eine Liste eingetragen und es wurde vorab festgelegt, wie viel Mehl verbacken wird. Einen guten Einblick in das fortschrittliche römische Bäckerwesen erhält man durch die Ausgrabungen in Pompeji. Dort brach der Vesuv 79 n. Chr. aus und verschüttete u.a. mehrere Bäckereien. Die Reste lassen sich in den Museen von Pompeji und Neapel bestaunen. Darunter sind Funde wie alte Kornmühlen, Bäckereigerätschaften und ein Backofen voller Brote. Einige Zeit später, im 4. Jahrhundert n. Chr. zählte man schon über 250 staatliche Bäckereien. Mit dabei waren bereits einige Großbetriebe mit zweistöckigen Backöfen sowie getrennte Back- und Feuerungsräume. Außerdem gab es auch einige Bäcker in Privathaushalten, die vor allem in den wohlhabenderen Bevölkerungskreisen für täglich Brot sorgten. Und so hatten auch die Bäcker in Rom gute Zeiten, festgehalten wurde das Glück mit einem Schriftzug über dem Ofen, der z.B. in einer Bäckerei in Pompeji zu finden war: „Hic habitat felicitas“, übersetzt heißt das „Hier wohnt das Glück“. Eine Feststellung, die wir sicherlich auch heute noch so bestätigen können.