Brot-Sommelier Martin Göttlich führt durch die Welt des Sauerteigs
Teil 2 – Die Kunst des Nassgelaibten Brotes
Das genetzte, oder nassgelaibte Brot hat seinen Ursprung in Baden-Württemberg. Wie so oft scheiden sich die Geister, ob der originale Ursprung dieser Brotspezialität mehr bei den Schwaben, oder eher bei den Badenern liegt. Wie dem auch sei, ist der geographische Ursprung verallgemeinert in Baden-Württemberg zu finden. Aber auch über das angrenzende Bayern und über die Grenze nach Hessen, hat diese Brotspezialität seinen verdienten Platz in den Brotregalen der Bäckereien gefunden.
Charakteristisch für das nassgeleibte Brot ist, dass es ein freigeschobenes Brot ist, mit einer deutlich glänzenden Oberfläche, die optional mit zum Beispiel Sesam bestreut werden kann. Meist handelt es sich bei den Broten um Weizenmischbrote, vereinzelt findet man auch Varianten mit Roggenmehl. Im Süden, speziell in der Region im Schwabenland, oder auf der schwäbischen Alp, wird diese Brotspezialität traditionell auch mit Dinkelmehl hergestellt.
Die Herstellung der Brote erfolgt in einem traditionellen Verfahren und wird von Bäckerinnen und Bäcker gehegt und gepflegt. Die lange und doch eher kühlere Teigführung begünstigt nicht nur die Frischhaltung der Brote, sondern essenziell für die traditionelle Verarbeitung des Teiges. Der gereifte Brotteig wird mit nassen, oder genetzten Händen, „herausgebrochen“ und mit geübten Bewegungen schonend zu einem runden Laib geformt. Geübte Bäckerinnen und Bäcker brauchen für die Aufarbeitung nur wenige Sekunden, mit einer sehr geringen Gewichtschwankung.
Aroma und Geschmack der genetzten Brote ist eher mild, mit zurückhaltender Säure und delikaten Fermentationsnoten, durch den Einsatz von Sauerteig und die lange Teigführung. Die dadurch entstehende sehr saftige Krume verbindet sich im Zusammenspiel mit der dünnen und zartsplittrigen Kruste, welche röstige Nuancen mit sich bringt, zu einer vollkommenen Harmonie dieser Brotspezialität. Ob Bayern, Württemberg, Schwaben, oder Baden, das „Nassgelaibte“ ist fester Bestandteil der jeweiligen regionalen Brotkultur und trägt seinen Teil zum Erhalt unserer Brotkultur und dem Kulturerbe Brot bei.
